Die Fasnacht damals …

Die alte Fasnacht und ihr Ende im Jahre 1797

Wie in vielen Orten des Oberinntales hat es auch in Tarrenz früher ein Schemenlaufen gegeben. 1775 wird in einem Gerichtsakt von Pfunds erwähnt, dass in den Orten Lermoos, Biberwier, Nassereith, Imst und in Tarrenz in der Fasnacht Schemen gelaufen sind.

Ein kaiserlicher Erlass des Jahres 1774 hatte bestimmt, dass Bälle mit Masken und Verkleidungen nur mehr in den Hauptstädten unter Beachtung bestimmter Vorschriften stattfinden durften. 1775 legte das Innsbrucker Gubernium das so aus, dass alle Fasnachtsumzüge auf dem Land von nun an verboten waren.

Es gibt Legenden über das Ende der Fasnacht in Tarrenz. Marianne Ritter weiß von einer mündlichen Überlieferung, die durch ihre Mutter weitergegeben wurde

„Meine Mutter hat uns erzählt, dass in Tarrenz eher angesehene Männer ihre Geldbeutel an einem bestimmten Tag im Jahr gewaschen haben. Das sei damals ein Brauch gewesen. Bei „Messles-Brunnen“ seien zwölf gestanden, möglicherweise etwas angetrunken, und hätten immer einen dreizehnten gezählt. Der Aberglaube sei groß gewesen, und so bekamen sie es bei der Zahl dreizehn mit der Angst zu tun, denn der Teufel wurde vermutet. Danach hätten sie aus Angst und Aberglauben die Fasnacht nicht mehr haben wollen. Sie haben sicher nicht mehr richtig zählen können!“

Das Schemenlaufen wird eingestellt

1797 fassten der Gemeindevorsteher und der Gemeinderat von Tarrenz den Beschluss, das Schemenlaufen für immer einzustellen. Als Begründungen werden genannt: eine schon seit längerer Zeit herrschende Krankheit und die betrüblichen Zeiten. Man erhoffte sich durch den Verzicht auf den „unanständigen Missbrauch des sogenannten Schemenlaufes“ die Abwendung dieser Gefahren. Es ist die Rede von „ewigen Zeiten“. Dass nicht alle mit diesem Beschluss einverstanden waren, ist anzunehmen, sonst hätten die Gemeindeväter den Zuwiderhandeln nicht Anzeige und strenge Strafen angedroht.

1797 war für Tirol eine schwere Zeit.

Napoleon hatte 1796 Oberitalien erobert. Nur Mantua war noch nicht gefallen und bildete das letzte österreichische Bollwerk. Napoleon wollte durch einen Angriff vom Süden her Tirol einnehmen und seine Truppen mit denen am Rhein kämpfenden vereinigen und so die Habsburgermonarchie in die Knie zwingen. Unter dem Eindruck dieser Ereignisse verzichteten die Tarrenzer auf das Schemenlaufen. Die allgemeine Geldknappheit ließ den Vertretern der Gemeinde, die zu den ärmeren des Tiroler Oberlandes zählte, die Fasnachtsveranstaltungen vermutlich als Geldverschwendung erscheinen. Tadelnde Worte von der Kanzel herab stellten die Fasnachtsbelustigungen als Vergehen hin, und es wurde behauptet, dass Gott die Sünden durch Krieg, Krankheit und andere Katastrophen straft. In diesem übertriebenen Stil bezeichneten die Gemeindeväter den alten Brauch des Schemenlaufens, der in mehreren Orten des Oberinntales seit alter üblich war, als „unanständigen Missbrauch“ und als „Ausschreitung“. Und man verhängte das Verbot gleich auf „ewige Zeiten“.

Ein Neubeginn wird gewagt ...

Die Situation, in der dieses Dokument verfasst wurde, muss sehr bedrohlich gewesen sein, und es gab Vorbilder. Karrösten hatte bereits 1759 freiwillig auf das Schemenlaufen verzichtet, um eine Krankheit abzuwenden. In den sechziger Jahren unseres Jahrhunderts hat man in Tarrenz einen Neubeginn gewagt. Der Gemeindebeschluss von 1797 wurde nach zweihundert Jahren aufgehoben. Dass niemand dagegen Einspruch erhob, zeigt den Wandel, den die Beurteilung von Fasnachtsbräuchen erfahren hat.